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С широко закрытыми глазами / Traumnovelle. Уровень 2 - стр. 3

[10], setzte die weibliche Gestalt einen Fuß vor den andern. Sie spreitete die Arme nach rückwärts an die Holzwand und bewegte sich vorsichtig weiter. Es war ein ganz junges, vielleicht fünfzehnjähriges Mädchen mit aufgelöstem blonden Haar. Es floß über die Schultern und auf der einen Seite über die zarte Brust herab.

Das Mädchen sah vor sich ins Wasser. Es ging langsam die Wand entlang mit gesenktem Auge weiter. Und plötzlich stand es mir gerade gegenüber. Mit den Armen griff sie weit hinter sich. Es wollte sich fester anklammern. Das Mädchen sah auf und erblickte mich plötzlich. Ein Zittern ging durch ihren Leib, als müßte sie sinken oder fliehen[11]. Doch konnte sie sich auf dem schmalen Brett nur ganz langsam weiterbewegen. So blieb sie da nun stehen. Zuerst mit einem erschrockenen, dann mit einem zornigen, endlich mit einem verlegenen Gesicht. Mit einem Mal aber lächelte sie, lächelte wunderbar. Es war ein Grüßen, ja ein Winken in ihren Augen und zugleich ein leiser Spott. Damit streifte sie ganz flüchtig zu ihren Füßen das Wasser, das mich von ihr trennte. Dann reckte sie den jungen schlanken Körper hoch, wie ihrer Schönheit froh[12]. Wie leicht zu merken war, war sie stolz und süß erregt durch den Glanz meines Blicks. So standen wir uns gegenüber. Vielleicht zehn Sekunden lang, mit halboffenen Lippen und flimmernden Augen. Unwillkürlich breitete ich meine Arme nach ihr aus. Hingebung und Freude waren in ihrem Blick. Mit einem Mal aber schüttelte sie heftig den Kopf, löste einen Arm von der Wand, deutete gebieterisch. Ich sollte mich entfernen. Und ich brachte es nicht gleich über mich zu gehorchen. Es kam ein solches Bitten, ein solches Flehen in ihre Kinderaugen. So blieb mir nichts anderes übrig, als mich abzuwenden[13]. So rasch als möglich setzte ich meinen Weg wieder fort. Ich sah mich kein einziges Mal nach ihr um. Nicht eigentlich aus Rücksicht, aus Gehorsam, aus Ritterlichkeit. Sondern darum, weil ich unter ihrem letzten Blick eine solche Bewegung verspürt habe. Ich habe mich eben ohnmächtig gefühlt.» Und er schwieg.

«Und wie oft», fragte Albertine, «bist du nachher noch denselben Weg gegangen?»

«Was ich dir erzählt habe», antwortete Fridolin, «geschah zufällig am letzten Tag unseres Aufenthalts in Dänemark. Auch ich weiß nicht, was unter anderen Umständen geschehen konnte. Frag, auch du nicht weiter, Albertine.»

Er stand immer noch am Fenster, unbeweglich. Albertine erhob sich. Sie trat auf ihn zu. Ihr Auge war feucht und dunkel. «Wir wollen einander solche Dinge künftighin immer gleich erzählen», sagte sie.

Er nickte stumm. «Versprich‘s mir.»

«Weißt du das nicht?» fragte er; aber seine Stimme klang immer noch hart.

Sie nahm seine Hände, streichelte sie und sah zu ihm auf. Er versuchte ihre Gedanken zu lesen. Jetzt dachte sie über seine Jünglingserlebnisse nach. Sie war in manchen eingeweiht. Er hat ihr den ersten Ehejahren Manches verraten. Da gab er ihrer eifersüchtigen Neugier willig nach. Es schien ihm, dass er für sich behalten wollte. In dieser Stunde drängte sich manche Erinnerung ihr mit Notwendigkeit auf. Wie ein Vorwurf, wie eine leise Drohung klang er ihm entgegen.

Er zog ihre Hände an seine Lippen.

«In jedem Wesen habe ich immer nur dich gesucht, das ich zu lieben meinte.

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