Lauert - стр. 8
Ryan wandte sich wieder dem Essen zu und sah erstaunlicherweise erleichtert aus – so als ob sie gerade alles besprochen hätten.
Aber hatten sie denn eigentlich etwas besprochen? Riley hatte den ganzen Sommer lang von der FBI-Akademie geträumt. Sie konnte sich nicht vorstellen, diesen Traum von jetzt auf gleich aufzugeben.
Nein, dachte sie, das kann ich einfach nicht.
Nun merkte sie, wie die Wut in ihr hochkroch.
Mit angespannter Stimme sagte sie: »Es tut mir leid, dass es dir so geht. Ich werde meine Meinung nicht ändern. Ich fahre morgen nach Quantico.«
Ryan starrte sie an, als könne er seinen Ohren nicht trauen.
Riley erhob sich vom Tisch auf und sagte: »Lass dir dein restliches Essen schmecken. Es gibt noch Käsekuchen im Kühlschrank. Ich bin müde. Ich werde duschen und ins Bett gehen.«
Ehe Ryan etwas erwidern konnte, ging Riley schnell ins Badezimmer. Sie weinte ein paar Minuten und duschte sich dann lange unter heißem Wasser. Als sie ihre Pantoffeln und ihren Bademantel angezogen hatte und aus dem Badezimmer kam, sah sie, dass Ryan in der Küche saß. Er hatte den Tisch abgeräumt und arbeitete am Rechner. Er schaute nicht auf.
Riley ging ins Schlafzimmer, legte sich ins Bett und weinte wieder.
Als sie sich die Augen wischte und die Nase putzte, fragte sie sich …
Warum bin ich so wütend?
Hat Ryan Unrecht?
Trägt er Schuld an irgendetwas?
Ihre Gedanken waren so verworren, dass sie die Dinge nicht klar durchdenken konnte. Und eine schreckliche Erinnerung bahnte sich wieder einmal den Weg in ihr Gedächtnis – wie sie in diesem Bett mit stechenden Schmerzen aufgewacht war und gesehen hatte, wie sie in einer Blutlache lag …
Meine Fehlgeburt.
Sie fragte sich – war das einer der Gründe, warum Ryan nicht wollte, dass sie zum FBI ging? Der Fall mit dem Clown-Killer hatte sie äußerst gestresst, als es geschah. Aber die Ärztin im Krankenhaus hatte ihr versichert, dass Stress mit ihrer Fehlgeburt nichts zu tun gehabt hätte.
Stattdessen, hatte sie gesagt, war der Abgang durch „chromosomale Anomalien“ verursacht worden.
Jetzt, wo Riley abermals darüber nachdachte, verstörte sie dieses Wort …
Anomalien.
Sie fragte sich – war sie irgendwie anomal – tief in ihr drin, wo es wirklich darauf ankam?
War sie unfähig, eine dauerhafte Beziehung zu führen, geschweige denn, eine Familie zu haben?
Als sie in den Schlaf sank, war sie sich nur einer einzigen Sache gewiss …
Ich fahre morgen nach Quantico.
Sie war schon eingeschlafen, ehe sie darüber nachdenken konnte, was wohl danach passieren würde.
Kapitel zwei
Der Mann war zufrieden, das leise Stöhnen der Frau zu hören. Er wusste, dass wie dabei war, das Bewusstsein wiederzuerlangen. Genau, er konnte sehen, wie sich ihre Augen ein wenig öffneten.
Sie lag auf die Seite gedreht auf einem sägerauen Holztisch in einem kleinen Zimmer mit Lehmboden, die Wände aus Schlackenbetonsteinen und einer niedrigen Balkendecke. Sie war in zusammengerollter Körperhaltung fest verschnürt und rasch mit Industrieklebeband umwickelt worden. Ihre Beine waren straff angewinkelt und ihr fest auf die Brust gebunden worden, ihre Hände umschlagen ihre Schienbeine. Ihr auf die Seite gedrehter Kopf lag auf ihren Knien.
Sie erinnerte ihn an Aufnahmen, die er von menschlichen Föten gesehen hatte – und auch an die Küken-Embryos, die er manchmal fand, wenn er ein frisches Ei einer seiner Hühner, die er hielt, aufschlug. Sie sah so zart und unschuldig aus, es war irgendwie ein ziemlich anrührender Anblick.