Lauert - стр. 16
Dennoch – für seinen Geschmack war das Programm zu langsam verstrichen. Er war es nicht gewohnt, für eine dermaßen lange Zeit nicht im Feld zu arbeiten.
Als Jake Lehls Büro betrat, erhob sich der hoch aufgeschossene Mann von seinem Stuhl, um Crivaro zu grüßen. Erik Lehl war so groß, dass er in fast keinen der Räume passte, in dem er sich aufhielt. Andere Agenten sagten, dass es aussähe, als würde er auf Stelzen gehen. Für Jake sah es aus, als ob er aus Stelzen geschnitzt worden wäre – eine umständlich angeordnete Mischung aus verschiedenen Hölzern, die in ihren Bewegungen zu keinem Zeitpunkt perfekt koordiniert erschienen. Aber der Mann war ein Crack von einem Agenten gewesen und hatte seine Position in der Verhaltensanalyse-Einheit des FBI verdient.
»Richten Sie sich hier nicht gemütlich ein, Crivaro,« sagte Lehl. »Sie brechen gleich auf.«
Gehorsam blieb Jake stehen.
Lehl betrachtete den braunen Manila-Umschlag, den er in der Hand hielt und stieß einen grimmigen Seufzer aus. Jake hatte schon seit geraumer Zeit beobachtet, dass Lehl die Tendenz hatte, jeden einzelnen Fall äußerst ernst zu nehmen – man könnte sogar sagen persönlich. So als ob er sich bei jedweder Art von monströser Kriminalität persönlich beleidigt fühlte.
So war es auch nicht überraschend, dass Jake sich nicht daran erinnern konnte, Lehl jemals in froher Stimmung vorgefunden zu haben.
Denn schließlich …
Monster sind unser Geschäft.
Und Jake wusste, dass Lehl ihn nicht mit diesem besonderen Fall betrauen würde, wenn er nicht ungewöhnlich abscheulich wäre. Jake war so etwas wie ein Spezialist für Fälle, die der menschlichen Vorstellungskraft spotteten.
Lehl gab Jake den Manila-Umschlag und sagte, «Wir haben da eine wirklich hässliche Sachlage in West Virginia. Schauen Sie sich das mal an.«
Jake öffnete den Umschlag und entnahm ein schwarz-weißes Foto eines seltsamen Bündels, das aus Universalklebeband und Stacheldraht bestand. Das Bündel hing von einem Zaunpfahl. Jake brauchte einen Augenblick, um zu erkennen, dass das Bündel ein Gesicht und Hände hatte – und dass es eigentlich ein menschliches Wesen war. Offensichtlich tot.
Jake atmete scharf ein.
Selbst für jemanden für ihn, war das ein ziemlich grausiger Anblick.
Lehl hob an zu erklären, »Das Foto wurde vor ungefähr einem Monat gemacht. Die Leiche einer Angestellten eines Schönheitssalons namens Alice Gibson. Sie wurde mit Stahldraht verschnürt und von einem Zaunpfosten an der Landstraße gehängt – ganz in der Nähe von Hyland, West Virginia.«
»Eine ziemlich hässliche Sache,« sagte Jake. »Was machen die örtlichen Polizisten damit?«
»Sie haben einen Verdächtigen in Gewahrsam,« sagte Lehl.
Jakes Augen wurden vor Überraschung groß.
Er fragte: »Warum ist es dann ein Fall für das FBI?«
Lehl sagte: »Es haben gerade einen Anruf vom Polizeichef in Dighton hereinbekommen, einer Stadt in der Nähe von Hyland. Eine weitere Leiche in genauso einem Bündel wurde heute Morgen gefunden. Das Knäuel hing an einem Zaunpfahl an einer Straße außerhalb des Ortes.«
Jake fing an zu verstehen. Wenn man sich zum Zeitpunkt des zweiten Mordes im Gefängnis befand, hatte man als Verdächtiger ein ziemlich gutes Alibi. Und jetzt sah es so aus, als liefe sich der Serienmörder gerade warm.